Pierino Lestuzzi, Clotaire Michel, Lorenzo Diana
Ein Grossteil der Todesopfer und Gebäudeschäden bei stärkeren Erdbebenereignissen weltweit ist aufden Einsturz von Mauerwerksgebäuden zurückzuführen. Dieser ist oft Folge eines Versagens der (tragenden und sekundären) Mauerwerkswände quer zu ihrer Ebene. Bei der Überprüfung der Erdbebensicherheit von Mauerwerksgebäuden mit flexiblen Deckenscheiben ist das Versagen von Mauerwerk quer zur Wandebene daher oft das massgebende Phänomen. Verbessernde Massnahmen um ein solches Versagen zu vermeiden sind relativ einfach: Die Wandscheiben sind besser zurückzuverankern. Eine gängige Lösung in der Praxis ist der Einsatz von Deckenscheiben aus Stahlbeton um mit der Holzbalkendecken eine Mischdecke zu bilden (oder diese sogar komplett zu ersetzen). Eine solche Veränderung der Decken ist in der Planung oft als schallisolierende Massnahme bereits vorgesehen und hat sich bei vielen Bauingenieuren als die ideale Lösung etabliert, um das fehlende Zusammenwirken von Mauerwerkswänden zu eliminieren. Da diese Massnahme sowohl das dynamische Verhalten des Gebäudes als auch dessen Widerstand erheblich beeinflusst, stellt sich die Frage, wie schlussendlich die massgebende Wirkung auf die Erdbebensicherheit ist und ob diese Massnahme tatsächlich zu empfehlen ist.Um die Vor- und Nachteile einer Veränderung der Decken als Erdbebensicherheitsmassnahme zu untersuchen, werden in diesem Beitrag verschiedene Nachweismethoden für den Tragwiderstand quer zur Wandebene auf ein sechsgeschossiges Gebäude mit Wandscheiben aus Natursteinmauerwerk und Holzbalkendecken in Lausanne (Schweiz) angewendet. Zuerst wird der praxisbezogene Nachweis mit einem vereinfachten Modell anhand der neuen Anwendungshilfe des Bundesamts für Umwelt (BAFU) der Schweiz durchgeführt. Danach wird eine vertiefte Analyse mit Vibrationsmessungen und einer nichtlinearen numerischen 3D-Modellierung durchgeführt. Die Ergebnisse vor und nach der Intervention werden für diese vertiefte Analyse verglichen. Abschliessend werden Empfehlungen zur Modellierung des Einbaus von Deckenscheiben aus Stahlbeton abgegeben.
2019